Kurt Schumacher über den Schuman-Plan

Im Zuge des Ost/West-Konflikts wurden die beiden deutschen Teilstaaten BRD und DDR in zwei Machtblöcke integriert. Der 1950 ins Leben gerufene Schuman-Plan sah vor, die Kohlen- und Stahlproduktion in Westeuropa gemeinsam zu verwalten. Dies stieß beim damaligen SPD-Abgeordneten Kurt Schumacher im April 1951 auf heftige Kritik:

.”Man muss doch endlich einmal anfangen, Europa zu erbauen!” So und ähnlich lauten die Propagandaformeln der Bundesregierung und der Interessenten in der Presse und im Rundfunk. Der Schumanplan wird als Beginn einer neuen glücklicheren Ära der Beziehungen der europäischen Völker untereinander gefeiert. Friede, Vertrauen, Zusammenarbeit und Wohlstand sollen seine Ergebnisse sein. Leider hat die Bundesregierung bisher das deutsche Volk über den sachlichen Inhalt und die politischen Zusammenhänge nicht unterrichtet.

Plötzlich schwärmen gerade die Leute von Europa, die stets den Nationalismus als oberstes Gesetz des politischen Kampfes angesehen haben. Aber die Sozialdemokraten, die internationalen Sozialdemokraten, durch acht Jahrzehnte hindurch verdächtigt, beschimpft und verleumdet als “vaterlandslose Gesellen”, sagen Nein zum Schumanplan. Für sie ist die Grundlage der internationalen Zusammenarbeit die Gleichheit im Rechtlichen und im Tatsächlichen. Der Schumanplan aber ist die Solidarität von Siegern gegenüber Besiegten. […]

Das Ziel ist die Schwächung der deutschen Wirtschaft, um ein großes Volk gefügig zu machen. Die Alliierten wollen bevorrechtigt über die Ruhr als dem Kernstück der deutschen Wirtschaft verfügen. […] Der Schumanplan ist die Fortsetzung der alten Politik französischer Herrschaftsansprüche mit europäischen Worten. Er ist nichts Europäisches, denn er bürdet alle Nachteile auf die eine und gibt alle Vorteile auf die andere Seite. Jetzt will die Bundesregierung mit der Annahme des Schumanplanes freiwillig Besatzungsrecht und -macht für 50 Jahre zum Bestandteil des deutschen Rechtes machen. Mit der Bejahung des Schumanplanes ist man negativ gegenüber Deutschland und negativ gegenüber einem starken lebenskräftigen Europa. Positiv ist man damit nur zu den französischen Ansprüchen auf politische und wirtschaftliche Hegemonie und gegenüber privatkapitalistischen Gruppeninteressen.

Die Führung der deutschen Seite war bei den Schumanplan-Verhandlungen den Gegnern nicht gewachsen. Außerdem haben die Hohen Kommissare Frankreichs und der USA ungeniert Einfluss auf die Deutschen genommen. […] Es ist kein Zufall, fass der Bundeskanzler davon spricht, dass die Unterschrift unter den Plevenplan einer der nächsten Schritte sein soll. Das würde die Auslieferung der deutschen Menschen auch an die militärische Vorherrschaft Frankreichs bedeuten. Alles hängt unlöslich miteinander zusammen.

Auszüge zitiert nach: Ludolf Herbst, Option für den Westen. Vom Marshallplan bis zum deutsch-französischen Vertrag, München (dtv) 1989, S. 220-222.

Fabio Schwabe

Der Autor

Dieser Beitrag wurde am 24.05.2018 verfasst von Fabio Schwabe, Mettmann. Die aktuelle Version stammt vom 24.05.2018. Fabio Schwabe ist Gymnasiallehrer der Fachrichtung Geschichte und Gründer von Geschichte kompakt

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