Manifest der “Heiligen Allianz”

Auf dem Wiener Kongress 1814/15 entschieden sich die europäischen Fürsten für die Restauration. Im September 1815 verbündeten sich die Monarchen Österreich, Preußens und Russlands außerdem in einer “Heiligen Allianz” . Darin sicherten diese sich gegenseitigen Beistand im Kampf gegen liberale und nationale Bewegungen aus dem Volk zu und erklärten den christlichen Glauben zum höchsten Gebot ihrer Politik:

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit. Ihre Majestäten der Kaiser von Österreich, der König von Preußen und der Kaiser von Rußland haben infolge der großen Ereignisse der letzten Jahre und insbesondere der Wohltaten, welche die göttliche Vorsehung den Staaten erwiesen hat, die ihr Vertrauen und ihre Hoffnung allein auf sie setzten, die innige Überzeugung von der Notwendigkeit gewonnen, ihre gegenseitigen Beziehungen auf die erhabenen Wahrheiten zu gründen, welche uns die Religion des göttlichen Heilandes lehrt. Sie erklären feierlich, daß der gegenseitige Akt nur den Zweck hat, im Angesicht der ganzen Welt ihren unerschütterlichen Beschluß zu bekunden, zur Richtschnur ihres Verhaltens im Innern ihrer Staaten wie nach außen nur die Vorschriften dieser heiligen Religion, die Vorschriften der Gerechtigkeit, Liebe und Friedseligkeit zu nehmen, welche weit entfernt nur für das Privatleben bestimmt zu sein, im Gegenteil besonders die Entschlüsse der Fürsten beeinflussen und alle ihre Pläne bewahren müssen, nur ein Mittel zu sein zur Befestigung der menschlichen Einrichtung und zur Heilung ihrer Unvollkommenheiten. Infolgedessen haben Ihre Majestäten sich über folgende Artikel geeinigt:

Art. I. In Gemäßheit der Worte der Heiligen Schrift, welche allen Menschen befiehlt, sich als Brüder zu betrachten, werden die drei Monarchen vereinigt bleiben durch die Bande einer wahren und unauflöslichen Brüderlichkeit, sich als Landsleute ansehen, und sich bei jeder Gelegenheit Hilfe und Beistand leisten; sie werden sich ihren Untertanen und Armeen gegenüber als Familienvater betrachten und dieselben im Geiste der Brüderlichkeit lenken, um Religion, Frieden und Gerechtigkeit zu schützen.

Art. II. Infolgedessen soll als der einzige Grundsatz, sei es zwischen den genannten Regierungen, sei es zwischen ihren Untertanen, gelten, sich gegenseitige Dienste zu erweisen, durch ein unveränderliches Wohlwollen die Zuneigung zu bezeugen, zu der sie sich verpflichtet haben, sich nur als Glieder der einen christlichen Nation zu betrachten. Die drei verbündeten Fürsten sehen sich nur an als die Bevollmächtigten der Vorsehung, um drei Zweige einer und derselben Familie zu regieren; Österreich, Preußen und Rußland, damit bekennend, daß die christliche Nation, zu der sie und ihre Völker gehören, in Wahrheit keinen andern Souverän hat als den, dem allein die Macht gehört, weil in ihm allein alle Schätze der Liebe, der Erkenntnis und der unbegrenzten Weisheit liegen, d. h. Gott, unsern göttlichen Erlöser Jesus Christus, das Wort des Höchsten, das Wort des Lebens. Ihre Majestäten empfehlen daher ihren Völkern mit der pünktlichsten Sorgfalt als das einzige Mittel dieses Friedens teilhaftig zu werden, welcher aus dem guten Gewissen entspringt und allein von Dauer ist, sich täglich mehr zu befestigen in den Grundsätzen und der Erfüllung der Pflichten, welche der göttliche Heiland die Menschen gelehrt hat.

Art. III. Alle Mächte, welche sich feierlich zu diesen heiligen Grundsätzen bekennen wollen und erkennen, von welchem Einfluß es auf das Glück der so lange beunruhigten Nationen ist, daß diese Wahrheiten fortan ihren ganzen gebührenden Einfluß auf die menschlichen Geschicke ausüben, werden mit großer Freude in diese Heilige Allianz aufgenommen werden.

Paris im Jahre der Gnade 1815, den 14./26. September. Franz – Friedrich Wilhelm – Alexander

Zitiert nach: Günter Schönbrunn (Bearb.), Das bürgerliche Zeitalter 1815-1914 (Geschichte in Quellen, Bd. 5), München 1980, S. 27.

Fabio Schwabe

Der Autor

Dieser Beitrag wurde am 24.10.2019 verfasst von Fabio Schwabe, Mettmann. Die aktuelle Version stammt vom 24.10.2019. Fabio Schwabe ist Gymnasiallehrer der Fachrichtung Geschichte und Gründer von Geschichte kompakt

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