August Bebel (SPD): Wider die Kolonialpolitik

Im Jahr 1884 hatte sich die deutsche Regierung des Kaiserreichs erstmals für den Erwerb von Kolonien ausgesprochen. Diesem Vorgehen widersetzte sich der SPD-Vorsitzende August Bebel, der 1889 in einer Rede vor dem deutschen Reichstag folgende Argumente gegen die Kolonialpolitik darlegte:

Nun, wer ist denn diese Ostafrikanische Gesellschaft? Ein kleiner Kreis von Großkapitalisten, Bankiers, Kaufleuten und Fabrikanten, d. h. ein kleiner Kreis von sehr reichen Leuten, deren Interessen mit den Interessen des deutschen Volkes gar nichts zu tun haben, die bei dieser Kolonialpolitik nichts als ihr eigenes persönliches Interesse im Auge haben. […] Einer solchen Kolonialpolitik werden wir nie unsere Zustimmung geben. Im Grund genommen ist das Wesen aller Kolonialpolitik die Ausbeutung einer fremden Bevölkerung in der höchsten Potenz. Wo immer wir die Geschichte der Kolonialpolitik in den letzten drei Jahrhunderten aufschlagen, überall begegnen wir Gewalttätigkeiten und der Unterdrückung der betreffenden Völkerschaften, die nicht selten schließlich mit deren vollständiger Ausrottung endet. Und das treibende Motiv ist immer, Gold, Gold und wieder nur Gold zu erwerben. Und um die Ausbeutung der afrikanischen Bevölkerung im vollen Umfange und möglichst ungestört betreiben zu können, sollen aus den Taschen des Reiches, aus den Taschen der Steuerzahler Millionen verwendet werden, soll die Ostafrikanische Gesellschaft mit den Mitteln des Reiches unterstützt werden, damit ihr das Ausbeutungsgeschäft gesichert wird. […] Meine Herren, das sind keine Ziele, das sind keine Mittel, für die wir uns begeistern könnten. Es wird allerdings als eigentliches Ziel aufgestellt, es handle sich um die Verbreitung europäischer Zivilisation, es gelte vor allen Dingen, dem scheußlichen Sklavenhandel und den Sklavenjagden ein Ende zu machen. Aber, meine Herren, den Kernpunkt der Sache, der erst den Sklavenhandel und die Sklavenjagden zur Folge hat, die Sklaverei an sich, wollen Sie nicht aufheben. […] Sitzen wir aber erst einmal an den Fieberküsten Ostafrikas fest, dann werden auch noch ganz andere Forderungen an uns herantreten; dann wird es vor allen Dingen heißen: Nachdem wir einmal soundso viel Gut und Blut für jede Lande geopfert und aufgewendet haben, ist es ein Gebot der nationalen Ehre, dieselben zu halten; was immer es kosten mag, wir müssen dafür eintreten. Dann wird es in erster Linie notwendig, eine bedeutende Verstärkung der Flotte vorzunehmen […]. Es wird dann heißen: Wir müssen uns derartig in unserer Marine rüsten, dass wir im Falle einer europäischen Krisis nicht nur unsere heimatlichen Küsten, sondern auch unsere Kolonien in fremden Ländern ausreichend schützen und uns verteidigen können.

Auszüge zitiert nach: A. Kuhn (Hg.); Deutsche Parlamentsdebatten, Bd. 1, 1871-1918, Frankfurt/Main 1970, S. 170 ff.

Fabio Schwabe

Der Autor

Dieser Beitrag wurde am 24.02.2016 verfasst von Fabio Schwabe, Mettmann. Die aktuelle Version stammt vom 24.02.2016. Fabio Schwabe ist Gymnasiallehrer der Fachrichtung Geschichte und Gründer von Geschichte kompakt

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