Der Schriftsteller Robert Heller stellte den Versammlungsort der Frankfurter Nationalversammlung, die Paulskirche, folgendermaßen dar:
Den Altar überdeckte man mit einem Vorhang und die darüber befindliche Orgel mit dem Gemälde einer Germania. Von wo der Priester den Segen gesprochen hatte, dahin ward der Sitz des Präsidenten gepflanzt, die Kanzel in eine Rednerbühne verwandelt, […]. Diese geringen Veränderungen […] reichten hin, um die geräumigste Kirche Frankfurts, die Paulskirche, in das größte Parlamentshaus Deutschlands […] umzugestalten. So sehr hatte der kirchliche Baumeister der politischen Zukunft vorgearbeitet. Das runde Schiff wird von einer hohen Säulenreihe eingefaßt, darin nahmen fünfhundert Abgeordnete ihre Plätze. Die Berichterstatter der Zeitungen setzte man zwischen die Säulen, die Zuhörer auf die ungeheure Emporkirche, welche auf der Säulenhalle ruht. Außerdem blieb ein beträchtlicher Raum zur Verteilung übrig. […] Was dagegen auf beiden Seiten unmittelbar an die erhöhte Tribüne des Präsidiums stößt, ist zur Linken eine den Damen vorbehaltene Loge, zur Rechten eine bevorzugte Abteilung der mit Einlaßkarten versehenen Herren und Diplomaten.
Auszüge zitiert nach: Robert Heller, Brustbilder aus der Paulskirche, 1849, in: Hans Jessen (Hg.), Die deutsche Revolution 1848/49 in Augenzeugenberichten, München 1973, S. 131ff.
Robert von Mohl, Reichsjustizminister während der Revolution 1848/49, schilderte die Arbeitsbedingungen der Nationalversammlung in seinen “Lebenserinnerungen” :
Daß die Reichsversammlung, wie schon das Vorparlament, in der Paulskirche ihre Sitzungen hielt, ist weltbekannt. Das Gebäude hatte manche gute Eigenschaften, aber auch unzweifelhaft, als zu einem ganz anderen Zwecke errichtet, große Mängel. […]
Von Lokalen für Ausschüsse war gar keine Rede; diese waren in der Stadt, zum Teile in ziemlichen Entfernungen, gemietet. Es konnte also, was doch oft nötig gewesen wäre, kein schneller Zusammentritt eines Ausschusses stattfinden. Allein nicht einmal der Präsident oder das Ministerium hatten Sprechzimmer, so daß eine Beratung oder schnelle Besprechung in freier Luft auf dem Paulsplatze bei jeder Witterung stattfinden mußte. Ich erinnere mich, eine Verhandlung mit dem Staatsrate […] über den Eintritt in ein von ihm zu bildendes Ministerium hier in strömendem Regen gehabt zu haben.
Störend und in den Folgen unanständig erwies sich, daß kein Raum für Erfrischungen im Hause selbst eingerichtet werden konnte. Solche zu genießen war aber bei den langen, oft sechs bis acht Stunden dauernden Sitzungen für viele ein Bedürfnis. Es blieb nichts übrig als eine der in benachbarten Gäßchen liegenden Schenken zu besuchen, was denn für das Straßenpublikum den nicht sehr erbaulichen Anblick des Hin- und Herströmens aus dem Sitzungssaale in die Kneipe und umgekehrt zur Folge hatte.
Endlich und hauptsächlich war es ein wirkliches Unglück, daß die Emporbühnen der Kirche Raum für viel zu viele Zuhörer boten. […] Ihr Beifalls- oder Mißfallensrufen war unwürdig für die Versammlung und hatte auf manches Mitglied einen Einfluß bei der Abstimmung […]. Nun war aber die Versammlung keine geschulte, an eine altherkömmliche Disziplin gewöhnte. Sie lebte in einer fieberhaft bewegten Atmosphäre, war in sich selbst tief gespalten, die Parteien standen sich feindlichst gegenüber. Daß unter solchen Umständen Ausbrüche lauten Beifalls und Tadels vorkamen, war ganz natürlich. Dann konnten aber auch die Galerien schwer von Teilnahme abgehalten werden. […] Glücklicherweise war jedoch dieser Unfug nicht regelmäßig, im Anfang sogar sehr selten; bei ruhiger Haltung aber machte die Versammlung in der Tat einen großen Eindruck, welchen keiner, welcher sie sah, leicht vergessen wird.
Auszüge zitiert nach: Robert von Mohl, Lebenserinnerungen, Stuttgart 1902, in: Dietrich Kerler (Hg.), Robert von Mohl, Lebenserinnerungen, Bd. 2, Stuttgart/Leipzig 1962, S. 34ff.