Investiturstreit

Im 11. Jahrhundert kam es im Heiligen Römischen Reich zum Konflikt zwischen Kaiser und Papst um die Streitfrage: wem kommt die Universalherrschaft zu? Bereits im Fränkischen Reich beanspruchten die Könige die Investitur von Bischöfen, das sie mit dem Eigenkirchenwesen rechtfertigten. Später wurde dies im ottonisch-salischen-Reichskirchensystem noch stärker praktiziert. Von der römischen Kurie wurde diese Laieninvestitur durch weltliche Herrscher scharf verurteilt. Es kam zum sogenannten Investiturstreit.

Ottonisch-Salisches-Reichskirchensystem

Im Fränkischen Reich etablierten sich Eigenkirchen, die von weltlichen Herrschern auf privatem Boden errichtet wurden. Grafen, Herzöge und andere Adelige besaßen das uneingeschränkte Recht auf die Ein- und Absetzung von Pfarrern und Äbten. Seit der Herrschaft Ottos I. wurde dieses Verfahren immer wichtiger, weil Bischöfen und Äbten größere Aufgaben und Funktionen in der Reichsverwaltung zugeteilt worden waren. Dieses Reichskirchensystem war für den Kaiser äußerst praktikabel, weil das an den geistlichen Vasallen zugeteilte Lehen aufgrund des Zölibats nach dessen Tod wieder an ihn zurückfiel. Der Kaiser konnte damit also direkten Einfluss auf die Besetzung und Verwaltung der Bistümer ausüben.

Kirchenreformen

Ausgehend vom Kloster Cluny in Burgund verbreitete sich im 11. Jahrhundert eine kirchliche Reformbewegung, die sich vor allem gegen Laieninvestitur, Simonie und Priesterehe richtete. Die Kirchenreformer kritisierten die vorherrschenden Missstände und bildeten die Grundlage für die Gregorianischen Reformen. Hauptinitiator dieser Bewegung war Papst Gregor VII., der sich für die libertas ecclesiae aussprach und die geistliche Macht aus der Abhängigkeit der weltlichen Herrscher lösen wollte.

Dictatus Papae

König Heinrich III. sah sich als Unterstützer der Kirchenreform an. Dies zeigte er 1046 beim Papstschisma, als er nach der Synode von Sutri den reformgesinnten Clemens II. einsetzen ließ. Dessen Nachfolger Heinrich IV. geriet in großen Streit mit Papst Gregor VII., weil sie sich nicht auf die Bischofseinsetzung in Mailand einigen konnten. 1075 veröffentlichte Gregor VII. sein Schriftstück Dictatus Papae, in dem jener seine Stellung als Papst über der des Kaisers legitimierte. Als Reaktion darauf forderte Heinrich IV. auf dem Hoftag zu Worms 1076 die Absetzung Gregors als Papst. Gregor erklärte Heinrich IV. daraufhin auf der Fastensynode in Rom für abgesetzt und verhängte über ihn und viele andere Bischöfe den Kirchenbann.

Gang nach Canossa

Zahlreiche Bischöfe gingen nach dem Bannspruch auf Gregors Seite über und wendeten sich von Heinrich IV. ab. Gleichzeitig bildete sich im Reich eine Fürstenopposition. Diese forderten ihn zur Loslösung vom Bann auf, da sie ansonsten einen anderen König bestimmt hätten. Da Heinrich IV. den Rückhalt verloren hatte, machte er sich im Winter 1076/77 im Gang nach Canossa zum Papst auf, um sich vom Gregor verhängten Bann durch Buße zu lösen. Durch diesen Akt erhielt Heinrich schließlich große Handlungsfreiheit zurück. In der Folgezeit setzte Heinrich seine Investitur der Bischöfe dennoch ohne Rücksprache mit dem Papst fort. Gregor verhängte über ihn erneut den Bann und unterstützte die Fürstenopposition, die mit Rudolf von Rheinfelden einen Gegenkönig bestimmt hatte.

Wormser Konkordat

In der Schlacht an der Weißen Elster 1080 verlor Rudolf nach blutigen Gefechten gegen Heinrich IV. seine rechte Hand und starb wenige Tage darauf. Damit kam die Fürstenopposition allmählich zum Erliegen. Heinrich unternahm nun einen militärischen Feldzug nach Rom und konnte Gregor in die Flucht treiben. Er ließ sich 1084 von Clemens III. zum Kaiser krönen. Im Jahr 1105 wurde er von seinem Sohn Heinrich V. gefangen genommen und verdrängt. 1122 kam es im Wormser Konkordat zwischen ihm und Papst Calixt II. zu einem Kompromiss. Darin erkannte Heinrich V. den Anspruch der Kirche auf die Investitur an und verzichtete auf die Vergabe von Ring und Stab. Im Gegenzug gewährte Calixt II. den weltlichen Herrschern die Anwesenheit bei der Bischofseinsetzung und erlaubte die Verleihung des Zepters. Durch den Investiturstreit, der zwischen Kaiser und Papst unentschieden ausgegangen war, wurde die kaiserliche Zentralgewalt stark geschwächt. Die Reichsfürsten hatten dadurch großen Einfluss gewinnen können und stiegen zu wichtigen Trägern der staatlichen Ordnung auf.

Fabio Schwabe

Der Autor

Dieser Beitrag wurde am 08.05.2015 verfasst von Fabio Schwabe, Mettmann. Die aktuelle Version stammt vom 29.06.2022. Fabio Schwabe ist Gymnasiallehrer der Fachrichtung Geschichte und Gründer von Geschichte kompakt

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